Gelassenheit lernen

In einer gelassenen Praxis sind wir der unendlichen vergeblichen Anstrengung enthoben, über die unabänderlichen Bedingungen unseres Lebens (Handelns), über die anderen und über uns selbst zu verfügen. – Friedrich Kambartel

Gelassenheit ist in vieler Munde, und wer wünschte sie sich nicht, im beruflichen wie privaten Bereich, bei schwierigen Gesprächen, wenn Unvorhergesehenes passiert und die Erwartungen hoch sind? Unser von Leistung, Geschwindigkeit und Technik bestimmter Alltag nimmt uns schnell in den Griff und es fällt nicht leicht, sich seiner Dynamik zu entziehen. Gelassenheit will also gelernt und geübt werden.

Dabei ist Gelassenheit weit mehr als eine persönliche Befindlichkeit oder ein Mittel gegen Stress. Aus den Lehren der Stoa, der christlichen Mystik oder auch des Buddhismus und Taoismus kennen wir Wege zu einer Gelassenheit, die unser Leben und Selbstverständnis als Ganzes betrifft. Eine solche Gelassenheit erdet und befreit den Menschen in einen größeren Sinnzusammenhang. Wir lassen los von unserer einzelnen, subjektiven Perspektive, lassen uns vom Leben tragen und erfahren so tiefe Ruhe, Vertrauen und Zufriedenheit.

Gelassenheit als Lebenskunst stellt sich nicht von heute auf morgen ein. Aber wir können uns auf einfache Weise darin üben und erleben auch kleine Schritte als großen Gewinn.

Dazu lade ich Sie herzlich zu folgenden Veranstaltungen ein:

  • Philosophischer Salon Stuttgart // Vom ruhigen Zauber der Gelassenheit // 7. Mai 2014 // Stuttgart //  > Details
  • Kompakt-Workshop in 2 Teilen // Gelassenheit im Alltag und als Lebenskunst // 7. + 10. Mai 2014 // Stuttgart // > Details

Herzliche Grüße,

Marga Biebeler

 

Kohlhaas oder Die Verhältnismäßigkeit der Mittel

„Ein freier denkender Mensch bleibt da nicht stehen, wo der Zufall ihn hinstößt“ – Heinrich von Kleist

Es fehlt das Komma, mag man meinen. „frei“ und „denkend“ – das muss sich doch zueinander verhalten, irgendwie, auf verschiedenen Ebenen? Das Komma aber verliert, wo Person und Fiktion zusammenfallen, an Berechtigung.

Kohlhaas oder Die Verhältnismäßigkeit der Mittel“ führt die Zuschauer in die Aufhebung von Verhältnismäßigkeit selbst. Der Pseudo-Dokumentarfilm zaubert Fiktion in die Fiktion der Fiktion und verweist dabei auf eine fantastische Realität von Realität – nicht das, was ist, ist da, sondern das, was wir uns vorstellen, was wir uns vorstellen lassen, was kein Mittel und kein Maß hat.

Die Vision des Regisseurs Lehmann von einem Ritterepos leidet nur unmaßgeblich und flüchtig darunter, dass gleich am ersten Tag kein Geld mehr da ist. Kostüme, Waffen, Pferde – braucht man alles nicht, kann man sich alles vorstellen und kostet null Cent. Seine Crew allerdings und die Bewohner des Dorfes, in dem der Film gedreht wird, teilen die uneingeschränkte Zuversicht Lehmanns nicht. Sowohl Mittel als auch Manpower unterliegen einem unaufhaltsamen Schwund – man meint des Lebens selbst -, bis am Ende nichts übrigbleibt, als die Werke der Sehnsucht, der Hoffnung und des Wahns. Oder ist es das Denken, das Freie?

Für mich ist der Film von Aron Lehmann kein Kleinod, sondern eine Großtat. Eine ungeheure Vielschichtigkeit, leicht inszeniert, ohne sich aufzudrängen, und die Szenen, zwischen grotesk und tragisch, komisch und ernst, begeistern Kopf, Herz und Leib. Ich habe gebangt, gestaunt, gelacht. Das Schauspiel ist pur, die Darsteller frappierend klar. Eine Zuschauerin sagte, sie sei immer lebendiger geworden. Der Film mag aufgrund eines Zufalls entstanden sein. Aber stehen blieb da niemand. Genial. Bitte mehr!

–> Filminfos auf Cinetixx

Zum Wert dessen, das schon da ist

[…] Dieser Zusammenhang ist nicht allein ein sozialer, und er erschöpft sich auch nicht in der Erweiterung um eine ökologische Komponente. Der Zusammenhang ist von der Art, dass ich als Mensch dazu fähig bin, Dinge, die nicht in meiner Macht liegen, die nicht von mir hervorgerufen, in Gänze analysiert und dann kontrolliert werden können, als Bereicherung zu erfahren, als das, was mich umgibt, und durch das sich neue Wege auftun können.

Uns Menschen ist in der Rückschau oft klar, dass unser Lieblingsessen als Kind, unser Lieblingsversteck oder –spielzeug eine ganze Welt bedeutet hat, nach der wir uns vielleicht sogar manchmal zurücksehnen. Wenn wir darüber nachdenken, worin der Wert dieser Welt liegt oder lag, wird uns einleuchten, dass es nicht die messbaren Kriterien wie Material, Preis, Prestige, Menge oder ähnliches sind. Wir haben diese Dinge und Situationen nicht selbstgekauft, wohl auch nicht im Laden ausgesucht, nicht in Auftrag gegeben, sondern wir haben sie entdeckt, haben sie angenommen, als das, was sich uns bot.

Wir können durch die Philosophie einsehen, dass wir keine kapselartigen Individuen sind, weder in Differenz zu anderen Menschen, noch zu unserer Umgebung. Wir können lernen, uns in den Dingen zu entfalten, die bereits da sind. […]

Ein Selbstzitat.